Die Positive Psychologie (PP) als Wissenschaft vom gelingenden Leben geht der Frage nach, was ein gutes und erfüllendes Leben ausmacht. Etwa ab der Jahrtausendwende entstand eine Bewegung in der wissenschaftlichen Psychologie hin zu „mehr des Guten“, also der verstärkten Erforschung von Positiven Emotionen, persönlichen Stärken, Werten, Lebenssinn und positiven Beziehungen.

Der amerikanische Psychologe Martin Seligman forderte seine Kolleg*innen 1998 öffentlich auf, den bereits sehr gut ausgebauten „Fix what´s wrong“ Ansatz durch die „Build what´s strong“-Perspektive zu ergänzen. Damit traf er einen Nerv und die Bewegung gewann an Dynamik. Diese Anfangszeit der Positiven Psychologie wird auch als „erste Welle“ (PP 1.0) bezeichnet.

Die zweite Welle der PP entstand u.a. als Reaktion auf die Kritik, dass die PP sich zu sehr auf das Positive fokussiert und ein Druck in Richtung individueller Selbstoptimierung und toxischer Positivität entstehen könnte. Im Rahmen der PP 2.0 wurde auch „the upside of your dark side“ (Kashdan & Biswas-Diener, 2017)erforscht, etwa die Frage nach den Nutzen von negativen Emotionen oder die Erforschung der Entstehungsbedingungen von Posttraumatischem Wachstum.

Die dritte Welle der Positiven Psychologie erweitert aktuell den Fokus über das Individuum hinaus und nimmt die ganze Komplexität von Gruppen und Systemen mit in den Blick (Lomas et. al., 2020, Kern et al., 2019). Sie stellt sich den Herausforderungen einer anwendungsorientierten Forschung.

Damit stellt sich die PP 3.0 auch der herausfordernden Frage, welchen Beitrag die psychologische Forschung und Praxis zu einer positiven Gestaltung des Zusammenlebens auf allen gesellschaftlichen Ebenen in den globalen und lokalen Herausforderungen der Gegenwart leisten kann. Sie öffnet sich für interdisziplinäre und interkulturelle Perspektiven und stellt die Frage, wie wir die Welt mitgestalten können, in der wir leben wollen (Grenville-Cleave et al., 2021).